Die Hochzeiterin
Ein Oberbayern Krimi
ISBN: 978-3-96714-022-4
Franz Joseph Bernrieder ist kein Kind von Traurigkeit. Da er in Bad Tölz, einem Kurort im bayerischen Oberland, zu Hause ist, ergeben sich immer wieder Gelegenheiten, der Weiblichkeit die Langeweile zu vertreiben, wenn sie dort zu ihrem Wellness-Urlaub kommen. Auch den einheimischen Schönheiten ist er nicht abgeneigt, hat er sich doch versprochen Junggeselle zu bleiben. Vorerst, jedenfalls.
Zu Hause ist er auf dem alten Bauernhof seiner Großeltern, der unbedingt einer Heizung für den Winter bedarf, was er aber immer vor sich herschiebt. Er stellt, wenn es kalt wird, sein Bett einfach in die gute Stube neben den Kachelofen. Was übrigens seine weiblichen Besucher sehr romantisch finden. Vielleicht auch ein Grund, sich nicht mit dem, wie er meint unnötigen, Luxus einer Zentralheizung zu beeilen.
Seine Haupttätigkeit ist allerdings die Lösung von Kriminalfällen, die es in seiner Umgebung gibt. Er ist der Kommissar dieser Außenstelle und dort für die Klärung dieser Ereignisse zuständig. Obwohl die Gegend im Wesentlichen bezüglich Kriminalität normalerweise sehr ruhig ist, gibt es auch dort böse Menschen, die anderen nichts Gutes wollen. In diesem Fall ist Gräfin Hildegard vom Rosenberg zu Tode gekommen. Unnatürlich, wie man leider sagen muss. Also stellt sich für unseren Kommissar die Frage, wer es gewesen sein könnte. Ein paar Tage später wird noch eine weitere Person umgebracht, die scheinbar keine Verbindung zur ersten Toten zu haben scheint. Zwei Morde in so kurzer Zeit sind sehr ungewöhnlich, also, wie man sich denken kann, auch ein bisschen beunruhigend. Dazu ist noch eine wertvolle Marienstatue verschwunden, ein nicht unbedeutendes Delikt in Oberbayern, was eventuell etwas mit den Fällen zu tun haben könnte. Es stellt sich heraus, dass es um die Person, um die es eigentlich geht gar nicht die Person ist, um die es eigentlich geht. Was Genaues weiß man nicht, aber mit hartnäckiger Akribie gelingt es unserem Kommissar dennoch das Gewirr zu entflechten und den Fall zu lösen.
Die Hochzeiterin
Ein Oberbayern Krimi
von
Olaf Maly
2020©Olaf Maly
Kapitel 3
Polizeimeister Ferdinand Hintermeier, in seinem näheren Umfeld nur ›Ferdl‹ genannt, war bereits am Ort des Geschehens, als Hauptkommissar Bernrieder eintraf. Er hatte den Leiter der Mordkommission von Bad Tölz und Umgebung, eben Franz Joseph Bernrieder, angerufen, als er sich die Sache angesehen hatte und zu dem untrüglichen Schluss gekommen war, dass die Tote nicht eines natürlichen Todes gestorben sein konnte. Eigentlich war er sich da nicht so ganz sicher, wie sich das anhörte, aber der nicht unbedeutende Hinweis des Herrn Richter, der die Leiche als Erster gefunden hatte, dass da ziemlich viel Blut neben der Toten sei, brachte ihn auf den Gedanken, es zumindest in Erwägung zu ziehen.
Der Chauffeur, Andreas Richter, hatte ihn in der Station angerufen und aufgeregt erzählt, man solle doch einmal nachsehen. Er hatte seine Frau Gräfin zur Kirche abholen wollen, und als sie nicht öffnete, hatte er sich Zutritt zum Haus verschafft.
»Sind's da ein'brochen?«
Nein, antwortete er schließlich, da er dort arbeite, hätte er einen Schlüssel und sei ganz einfach ins Haus gegangen.
»Aha, dann is des ja gut«, war die Antwort des Wachtmeisters.
Also, im Rosenhof, meinte er, gäbe es da eine Sache, die ihn dann, als er in die Küche kam, ganz aus der Bahn geworfen hätte. Seine Chefin lag am Boden und rührte sich nicht mehr.
Die Gräfin vom Rosenberg war in der Gegend kein unbeschriebenes Blatt, auch nicht bei den Ordnungshütern. Nicht, dass sie regelmäßig etwas mit der Polizei zu tun gehabt hätte, aber sie war eben bekannt. Man kannte das Auto, das sich im Umkreis der Stadt immer sehr langsam voranbewegte. Man wusste allgemein davon, dass eine Geschwindigkeit von mehr als vierzig Kilometern pro Stunde der Gräfin Probleme bereitete. Schwere Probleme. Man musste davon ausgehen, dass sie dadurch einen Infarkt bekommen konnte. Wenn dann auf der Bundesstraße wieder eine Kolonne von mehreren hundert Metern, angeführt von einem schwarzen Mercedes des Jahres 1955, der Stadt entgegenschlich, wusste jeder, was los war. Die Sommergäste fragten dann die Einheimischen, was das für eine Prozession wäre und ob sie da irgendwas verpasst hätten, worauf die Einheimischen sagten: »Na, des is nur die depperte Gräfin.«
Auch den Chauffeur Andreas Richter kannte man, da er der Einzige war, der die gnädige Frau in der Gegend herumkutschierte. Immer im schwarzen Anzug und mit Schildkappe. Der Schild an der Kappe glänzte wie frisch gebohnert. Sie waren als Paar nicht zu verkennen.
»Herr Chauffeur«, meinte Ferdinand Hintermeier, der das Telefon im Präsidium abgenommen hatte, »des is manchmal bei die alten Leut, dass die sich nicht mehr rührn. Da kommen wir alle noch amal hin, in diese Position, mein ich. Deswegen ruft ma da den Pfarrer an und des Beerdigungsinstitut, aber nicht die Polizei.«
»Ich glaub, des wär aber doch besser, wenn ihr da amal herschaut's, weil ich denk, dass der Pfarrer des erst übernimmt, wenn ihr ihm des sagt's.«
Schweren Herzens verließ Wachtmeister Ferdinand Hintermeier dann doch die Wache, verabschiedete sich von seinen Kollegen, die davon allerdings keine große Notiz nahmen, und fuhr zur Gräfin. Er wollte sich nicht nachsagen lassen, nicht alles getan zu haben, um diesen Fall zu klären. Und außerdem war es Sonntagmorgen, und sogar die Bösen der Stadt hatten noch nicht angefangen, ihr Unwesen zu treiben.